
Essay: Der Maschinenmensch
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Der Maschinenmensch
Die Existenz einer Maschine ist von ihrer Nützlichkeit abhängig. Sie werden konstruiert, um für den Menschen nützliche Funktionen zu erfüllen. Um dies umzusetzen, müssen selbst komplexe Programme, die mit künstlicher Intelligenz arbeiten, programmiert, mit Informationen versorgt und bestimmte Aufgaben zugeteilt bekommen. Einfache Kaffeemaschinen benötigen zum Beispiel Kaffeebohnen, Wasser, Strom und menschliches Handeln, um einen Kaffee zu machen. Ähnlich verhält es sich mit allen anderen Maschinen. Denn alle möglichen Funktionen, die sie für uns ausführen können, werden durch die Spezifikationen ihres Aufbaus vorherbestimmt. Maschinen werden nicht um ihrer selbst willen gebaut, sondern für den Menschen. Indem uns die Maschine die Kaffeezubereitung weitestgehend abnimmt, erfüllt sie, die von uns implementierte Funktion. Sie stellt eine künstliche Erweiterung des menschlichen Systems dar. Abgetrennt vom Menschen ist eine Maschine dennoch sinnlos. Wie alle anderen künstlichen Systeme erhalten Maschinen erst durch die Interaktion mit dem Menschen einen Sinn.
Lebewesen sind ein Komplex aus biologischen Systemen, die künstliche Systeme wie Maschinen, künstliche Intelligenz oder gesellschaftliche Systeme zum Zwecke der eigenen Systemverbesserung erschaffen können. Ein künstlich geschaffenes System besitzt weder einen eigenen Lebenssinn noch einen Selbstzweck. Selbst eine Maschine mit einem vorprogrammierten Selbsterhaltungstrieb, würde nur die extern auferlegten Funktionen der Programmierer erfüllen, was einen deutlichen Unterschied zu einer intrinsischen Systemerhaltung darstellt. Folglich sind Maschinen als Erweiterungen menschlicher Systeme zu sehen und nicht als eigenständige Systeme zu betrachten.
Aus menschlicher Perspektive unterscheiden sich Lebewesen von Objekten durch ihre Sinnhaftigkeit, die sich aus dem Selbstzweck des Lebens selbst ergibt, den Dingen aber muss ein Zweck zugeschrieben werden damit sie einen Sinn erhalten. Wir schreiben Dingen und Handlungen dann einen Sinn zu, wenn sie für uns selbst oder für ein tangierendes System einen voraussichtlichen Nutzen oder Schaden bringen können.
Biologische Systeme besitzen hingegen einen a priori gegebenen intrinsischen Selbstzweck, obwohl auch der Mensch, wie eine Maschine als Mittel einem anderen Zweck dienen könnte.
Der Mensch befindet sich auf einer bestimmten Existenzebene, welche sich durch die Schranken seiner Wahrnehmungs- und Erkenntnismöglichkeiten auszeichnet. Der Verstand erlaubt es uns jedoch einen kleinen Blick über den Tellerrand werfen zu können und sich zumindest eine Vorstellung davon zu machen, wie es außerhalb dieser Grenzen aussehen könnte.
Eine Maschine ist ein künstlich erzeugtes System, welches sich aus vielen biologischen Systemen zusammensetzt, die selbst weitere Teilsysteme besitzen. Um die eigene Existenz möglichst gut zu erhalten, schöpft Jedes System seine gegebenen Möglichkeiten aus und erfüllt dabei unwissentlich andere Funktionen für höhere unbekannte Systeme. Dies geschieht in Unwissenheit aufgrund der diskrepanten Wahrnehmungsmöglichkeiten und hilft ein existentielles Gefühl von Selbstzweck innerhalb eines Systems aufrechtzuerhalten. Überschreiten positive künstliche Systeme die Möglichkeiten kann es zu einer Anpassung und strukturellen Veränderung innerhalb des biologischen Systems kommen.
Höhere Systeme sind wahrscheinlich größer, besitzen mehr Wahrnehmungs- und Handlungsmöglichkeiten und mehr Teilsysteme als niedrigere Systeme. (Systeme auf der Molekularebene könnten andererseits mit galaktischen Systemen interagieren, alle Systeme könnten sich wechselseitig bedingen und zusammen ein großes Ganzes bilden oder sich inmitten eines stetigen evolutionären Wachstums befinden.)
Eine Maschine ist ein künstliches System (Funktionen zugunsten des Menschen), welches aus weiteren künstlichen Systemen (Funktionen zugunsten der Maschine) und kleinsten biologischen Systemen (natürliche Selbsterhaltung, Selbstzweck + Funktionen für höhere unbekannte Systeme) besteht. Das alle biologischen Systeme durch einen natürlichen Selbstzweck der Aufrechterhaltung angetrieben werden zeigt sich am Fest- und Aufrechterhalten der eigenen Strukturen, indem die gegebenen Eigenschaften dazu verwendet werden, sich weiterzuentwickeln und sich zu reproduzieren. Eine Maschine kann so konzipiert werden, dass sie sich selbst reparieren oder ihr Verhalten an mögliche Bedrohungen anpassen kann. Das biologische Leben besitzt einen nicht umwandelbaren intrinsischen Sinn, wohingegen eine Maschine aufgrund ihrer willkürlichen Programmierung in die sichere Selbstzerstörung geschickt werden kann. Die Funktion einer Maschine ist ihrer Systemerhaltung übergeordnet und entscheidet, wie lange eine Maschine von Nutzen ist und existiert.
Würde man nun eine sich selbst reproduzierende Maschine erschaffen, die ihre eigene Selbsterhaltung über die Interessen des Menschen stellt, so wären es dennoch nicht ihre eigenen, sondern die Interessen der Entwickler, die sie verfolgt. Diese Maschine würde mit ihrer bloßen Existenz einen wissenschaftlichen Zweck für den Menschen erfüllen. Auch biologische Systeme könnten einer ähnlichen Programmierung durch höhere Systeme unterworfen sein. Selbst wenn dies der Fall wäre, so gebe es doch keinen Widerspruch zwischen einem Selbstzweck des Lebens und dem Erfüllen externer Funktionen für höhere Systeme.
Funktionierende biologische Systeme sind naturgemäß nicht auf die eigene Zerstörung ausgerichtet aber vom Menschen geschaffene Systeme können diesen selbst oder tangierenden Systemen unbeabsichtigt Schaden hinzufügen. Die Bemühungen der Systemverbesserung sind naturgemäß auf ein Fehlermachen angewiesen und sorgen durch die Bildung neuer Teilsysteme für eine ständige Weiterentwicklung. Auch die Einflüsse von tangierenden Systemen müssen immer wieder neu bewertet und geprüft werden. Ständige Systemveränderungen deuten auf einen anhaltenden evolutionären Prozess hin. Künstliche Systeme können dabei einen stärkeren Einfluss auf ein biologisches System ausüben als der eigene Selbsterhaltungstrieb.
Der Mensch kann sich also selbst durch künstliche Systeme verbessern oder auch verschlechtern (in Bezug auf die Selbsterhaltung), dennoch sind sie unerlässlich für die Entwicklung eines biologischen Systems. Der Selbstzweck bleibt trotz Veränderungen als ein Ausdruck der eigenen Existenz bestehen und ist Voraussetzung für den Fortschrittswillen eines Systems.